Dienstag, 31. Juli 2018

Vorwort der Autorin

Vorwort der Autorin

Jede Zeit hat ihre "verbotenen Lieben".
Darf dieses Buch geschrieben werden? 


 
Die fiktiven Figuren leben in einem System, in welchem der Arbeitsbegriff des Mainstreams wie der herrschenden Klasse rein die "Lohn-Erwerbsarbeit" meint. Sie beschäftigen sich - vor oder hinter dem Schreibtisch - mit (schwieriger) Arbeitsvermittlung - mit Strafen - mit Hartz IV.
Hartz IV ist ihr Arbeits- oder Widerstandsalltag - ihre Herausforderung - gerade wenn es um persönliche und sexuelle Beziehungen geht - und um ihre Weiterentwicklung.

Als ich das Buch anfing, hatte ich gerade Ärger mit dem Jobcenter. Und nicht nur ich hatte diesen Ärger. Damals, 2016, ging gefühlt massiv Druck auf "Selbständige" los -auch in meinem Bekanntenkreis-, ihre unrentablen Träume an den Nagel zu hängen und sich (auf niederstem Niveau zu Dumping-Preisen) schnellstmöglich in den ersten Arbeitsmarkt hineinzukaufen. Aber auch andere Jobcenter"kunden" und Mitarbeiter schienen mit ihrem Stress und ihrer Kritik an die Öffentlichkeit zu gelangen. Versteckt. Lauter. Immer wieder.
Während 2016 in Deutschland "Willkommenskultur" einhergehend mit zunehmender Fremdenfeindlichkeit das Hartz-IV-Thema vereinnahmten und überlagerten, wurden "Rechtsvereinfachungen" beschlossen, die ich höchst bedenklich fand.
Wenn auch nur "irrtümlich": Eine junge Mutter wurde mittels Fragebogen vom Jobcenter gedrängt, die Beischlafpartner aufzulisten, die als mögliche Väter ihres ungeborenen Kindes in Frage kämen. Nahezu automatisch ersann dazu meine sarkastische Seele die frechsten Kommentare ;-)
Plötzlich war ich gedanklich in einem Drehbuch von Wortgefechten und juxte darüber mit einer "nicht-behartzten" Freundin, die mich dazu anfeuerte.
Und doch wollte ich über Humor, Erotik und Reflexionen VERSÖHNUNG ausdrücken - wo MENSCHEN sich selbst und zueinander finden. So überkam mich die Idee zu dieser Geschichte.
Manches gestalte ich jetzt erst aus. Kaum zu glauben, dass ich das alles ersonnen und begonnen habe BEVOR das Jobcenter bei mir sanktions- und werbetechnisch so richtig loslegte... aber das war so! Als ich das anfing völlig offline nur für mich ganz privat zu schreiben, hatte noch niemand versucht mich in einen Sexshop zu vermitteln - ich war noch nichtmal sanktioniert worden... mein Blog wurde ca. 10 mal in der Woche angeklickt... ich ärgerte mich über meinen Arbeitsvermittler, der mir Eigenbemühungen aufgebrummt hatte und wollte mich ein wenig selber aufmuntern, was mir gut gelang. Doch dann passierte im realen Leben mehr, als die Phantasie abbilden konnte. Geplantes und noch viel mehr Ungeplantes. Ich hatte viel viel mehr Arbeit ... und komme erst jetzt dazu, meine Romanskizzen fortzuführen...

Die hier beschriebenen Personen haben keine 1:1 übertragbare reale Übersetzung - die Züge dieser Menschen könntet Ihr aber teilweise schon hier und da kennengelernt haben in Euren eigenen Leben. Nicht nur im Jobcenterkontext.
Ich habe viele solcher Fragmente gesehen, gehört, erlebt, gelesen... und fühlte mich beim Schreiben zuerst so, als wäre es "Fan Fiction", weil soviel meiner Lebensrealität dort einfloss, die ich nicht komplett erdichten, wohl aber UMSTELLEN und anders ZUSAMMENPACKEN wollte zu einer Collage und einer Übung, mich in andere Perspektiven hineinzuversetzen. So etwa schreibe ich aus der Perspektive eines (nicht zu verallgemeinernden!) Arbeitsvermittlers, und nicht aus der einer/s antragsstellenden Leistungsbeziehenden.
Viele der Dialoge, Situationen und Statements sind zwar ähnlich zwischen irgendwelchen Menschen passiert, die sich mit dem Thema HArtz IV als Betroffene, Arbeitsvermittler, oder Aktivisten auseinandergesetzt haben und ich danke allen lebendigen Quellen, die mich zu diesem Werk inspiriert haben.
Aber ich habe bewusst überzeichnet, zugespitzt, entfremdet.
Es ist eben eine KOMPOSITION im Rahmen der KUNSTFREIHEIT, die unterhalten und nicht faktisch verbindlich informieren oder gar „gezielt zu etwas aufstacheln“ soll.
Achtung: keine in diesem Werk auftretende Figur ist mit einem real lebenden Menschen zu identifizieren - reale Persönlichkeiten und Konzepte, die Eingang in die Öffentlichkeit gefunden haben, werden in diesem Werk mitunter als Randfiguren benannt in den Dialogen der rein fiktiven „Helden“.

Damit einhergehend auch eine WARNUNG an Jobcentermitarbeitende, diese Lektüre bitte nicht zu ernst zu nehmen - nichts dergleichen an Feucht-Fröhlich-Frivolem hat sich in der beschriebenen Form JEMALS in meinem realen Leben oder meinem Bekanntenkreis meines Wissens nach bisher so abgespielt - aber in genau diesem Licht treten die von mir empfundenen und kritisierten Absurditäten besonders deutlich hervor. Nachdem ich selber unter Sanktionsdrohungen aufgefordert wurde, mich in einem Sexladen zu bewerben, stand mein Entschluss fest, irgendwann nach der Bundestagswahl dieses Buch zu Ende zu schreiben. Und das gelang mir dann auch nach (einstweilig-kurzweiligem?) Austreten aus dem Hartz-IV-Leistungsbezug.

Und nun egal wie Ihr hier hergefunden habt: Vorhang auf - habt SPASS!


"andereIdentitaetwegenderSchnueffler" aka FriGGa Wendt

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