Fan fiction

Nach dem Urteil 2019

was könnte in der Welt des Jobcenters Traumland - was könnte bei Arbeitsvermittler Tobias Ludwig und der Erwerbslosen "ab und an selbständigen" Svenja Zimmermann und deren bunten Freunden jetzt passiert sein? Wie nehmen die das Urteil wahr, das das BVerfG zu den HartzIV-Sanktionen gefällt hat?
Was machen sie überhaupt 2-3 jahre nach Ende des Buches?
Svenja war damals schwanger und Tobias Teil eines Doppellebens: sexuell aktiv mit mehreren Menschen beiderlei geschlechts in Svenjas alternativ-anarchischen Kreisen aber ansonsten wieder der biedere Vermittler im Jobcenter.

Falls Ihr Ideen habt, schreibt es gern - als Kommentar oder Mail.

Hier ein Pressespiegel zu den Ereignissen um Karlsruhe.

https://nachrichten-an-die-bbg.blogspot.com/2018/12/sanktionen-in-karlsruhe-eine.html



Fan-Fiction:
Tobias am 05. 11. 2019 bei der Arbeit während in Karlsruhe das Urteil verkündet wird

Tobias Ludwig schlürfte den Kaffee herunter. Im Frühherbst hatte ihn die Nachricht von allen Seiten erreicht.
Svenja und Co. hatten es ihm gesagt. Auch bei den Mitarbeitergesprächen war es Thema gewesen. Angeblich hatte es auch E-Mail von Aktivisten an die Geschäftsleitungen aller Jobcenter gegeben.
Und in der Zeitung hatte es ebenfalls gestanden.
Es war kurz vor 10 an einem ganz normalen Dienstag im November 2019.
Eigentlich sollte jetzt ein Kunde kommen. Hilmar S., 28 Jahre alt, hauptberuflich Umweltaktivist mit 2 abgebrochenen Ausbildungen, hatte aber abgesagt. "Tut mir leid, mein lieber Arbeitsvermittler. Ihr Callcenterangebote können gern noch warten bis nach 12. Um kein Meldeversäumnis zu kassieren, werde ich mich heute gegen Mittag kurz vor Jobcenterschließung zeigen. Gern komme ich dann auch auf einen kurzen Plausch zu Ihnen rauf. Doch erstmal werde ich - wie Sie hoffentlich auch - die Liveübertragung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ansehen."
Ja, in wenigen Minuten würde das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zur Verfassungswidrigkeit oder auch Verfassungskonformität (?) der Sanktionen im SGB-II verkünden!
Wieso nur dachten IMMER ALLE, es ginge im Jobcenter NUR um das EINE? Das Sanktionieren?
"Wir sind doch meistens mit anderen Themen befasst, schrieb eine Kollegin aus Görlitz. Wir helfen den Menschen! Wir bieten Fortbildungen an - wir übernehmen dafür die Kosten - wir finanzieren auch Umzüge und auch hin und wieder Führerscheine! Wir fokussieren uns auf das Fördern - aber ein WENIG Eigeninititative - die muss schon von den Antragstellenden kommen! Sanktionen nehmen nur einen sehr geringen Bruchteil im Berufsleben von uns Arbeitsvermittlern ein."
"Nun ja", hatte Tobias' und Svenjas Freund Carsten am Frühstückstisch einmal gesagt. "ein Mord dauert im Leben eines Mörders, der sagen wir 80 Jahre alt wird, vermutlich auch nicht lange. Vielleicht 5 Sekunden... vielleicht mit Vor- und Nachbereitung der Tat einige Wochen... und doch zeichnet und definiert er sein Leben stärker als alle anderen seiner möglichen Taten. Auch ein Mörder hat mal einer alten Dame über die Straße geholfen oder ggf. seinem Sohn eine schöne Kindheit bereitet. Auch ein Mörder ist ggf. den Großteil seines Lebens ein friedfertiger, lebensfröhlicher Mensch...geht gewissenhaft zu seiner Arbeit... und doch liegt die Aufmerksamkeit ab Bekanntwerden seiner Mordtat nicht mehr auf dem Strickkurs, den er absolviert hat oder seinem Engagement für Gerechtigkeit in seinem persönlichen Umfeld. Im Gegenteil - was immer er SONST noch neben diesem Mord getan hat, wird "durch den Filter des Mordes" gesehen. In wie fern deuteten seine Hobbies und Beziehungen schon Jahre zuvor an, dass er mal einen Mord begehen würde?"
Tobias schaute auf das Display seines Handys. Phoenix zeigte Bilder aus dem Gerichtssaal. Gut, dass er sich ein umfängliches Datenvolumen gönnte.
Svenja und Carsten und einige andere saßen draußen in gar nicht weiter Entfernung und schauten auf ihren Beamer im Rahmen einer öffentlichen Kundgebung. Wie bei einem Länderspiel fieberten Sie alle der Urteilsverkündung entgegen.
Und dann kam er - der große Moment. Der Moment, da die Katze aus dem Sack gelassen werden sollte.
Tobias fühlte sein Herz bis zum Hals schlagen. "Es ist nicht bloß eine Norm, die wir hier umsetzen müssen... es geht um unsere Berechtigung, das zu tun, was wir immer getan haben..." seine Finger zitterten.
Der Verfassungsrichter Harbarth trat mit seinen 7 Kolleg*innen in den Saal.
Die Katze sprang aus dem Sack. Und siehe, es war eine SCHRÖDINGERS KATZE und überhaupt keine Klarheit erfüllte Tobias.
"1:0!" twitterte Svenja nach den ersten 30 Sekunden der Urteilsverkündung.
"1:1!" twitterte sie etwas später.
Und "WTF?" twitterte sie, als die Übertragung abbrach und ein Interview mit Studiogästen statt einer weiteren Urteilsverkündung weiterging.
Die Terminkundin Frau Koluca hatte Tobias versetzt. So konnte er weiterhin immer wieder bzw. weiter "Karlsruhe" gucken. Auch Herr Meisner kam nicht zum Termin. Doch beide hatten - wie Tobias kurz nebenbei registrierte - eine Krankmeldung eingereicht. Per Fax und Herr Meisner sogar persönlich... tssss tsss...
Tobias erhielt plötzlich Nachrichten von einer Sado-Maso-Session vor dem Bundesverfassungsgericht.
Ein ehemaliger Fallmanager, der in einem Jobcenter tätig gewesen war, als Regisseur und "Grundgesetz"darsteller einer Performance. Er wurde 30 Mal von einer weißgekleideten "Justizia" geohrfeigt, die weder blind war noch neutral - schließlich trug sie eine fette Goldkette um den Hals und ihr Schwert war aus BILD-Zeitungen gefertigt.
Während Svenja, die ja eigentlich für solche Darbietungen in Traumland bekannt war, mit ihren Leuten "public Viewing" der Karlsruheurteilsverkündung machte - mit Trillerpfeifen, Fußballschals und prolligem Gejohle, schlug eine nicht ganz unbekannte Leistungsbezieherin einen Fallmanager ins Gesicht...
Tobias fühlte sich so wie der Mann guckte, der das Grundgesetz performend auf dem Boden zusammensackte und dann im Dreck liegen blieb.
Statt eines weiteren Kaffees hätte er jetzt gern einen Cognac - doch war das nicht nur bei der Arbeit verboten, sondern auch er persönlich hatte sich diese Art Getränke nach einer Krise im vergangenen Jahr völlig abgewöhnt.
Seit dem stand er auf keinerlei Drogen mehr und zog sich lieber "die Realität rein".
"Sie haben uns eine Drei gegeben," scherzte Herr Wieland in der Mittagspause. Gefolgt von "hey, über 30% sind die doch bei uns selten gekommen...". Doch überall kochte und rumorte es. Frau Holznagel reichte noch am selben Tag die Kündigung ein. Als Fax aus der Reha.

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